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Spannender Vortrag „30 Jahre Windkraft im Wald“

Der gut besuchte Vortrag „30 Jahre Windkraft im Wald“mit Diskussion fand am 22.09. im Großen Pfarrsaal in Schriesheim statt. Die beiden Referenten waren Andreas Markowsky, Gründer der Ökostromgruppe Freiburg, und Magnus Wang, Biologe und Vorstand des Vereins GreenMellon in Heidelberg. Die Ökostromgruppe Freiburg hat seit der Gründung 1986 mehr als 40 Windenergieanlagen, 140 Solaranlagen und 7 Wasserkraftwerke projektiert, gebaut und betrieben. Aus diesem jahrzehntelangen Fundus an Erfahrung konnte Andreas Markowsky spannendes berichten:

Was bremst den Ausbau erneuerbarer Energien, und wo gibt es Akzeptanz?

Hemmend wirken zum einen die wirtschaftlichen Interessen der fossilen Industrien und der Öl und Gas exportierenden Länder. Zum anderen gibt es häufig, auf lokaler Ebene Veränderungsängste in der Bevölkerung. Was junge Menschen als Chance begreifen, löst bei älteren Menschen häufig Vorbehalte und Ängste aus.

Interessanterweise ist aber die Akzeptanz von Windrädern in der Bevölkerung genau dort groß, wo sie schon stehen. Die vielen Vorteile der Windkraft leuchten unmittelbar ein, und idealerweise gibt es auch eine finanzielle Beteiligung der Bevölkerung (Bürger-windräder).
Anträge auf Repowering (Ersetzen alter Anlagen nach 20 Jahren durch neue, größere Anlagen) werden regelmäßig mit einstimmigen Gemeinderatsbeschlüssen genehmigt.

Welchen Einfluss haben Windräder auf den Wald?

Dank der jahrzehntelangen Erfahrung der Ökostromgruppe Freiburg mit Windkraftprojekten in Baden-Württemberg und insbesondere im Schwarzwald konnten die Daten der umfangreichen artenschutzrechtlichen Gutachten vor Beginn der Projekte und beim Repowering nach 20 Jahren verglichen werden. Überraschendes Ergebnis: Es gibt nach 20 Jahren in der Umgebung der Windräder im Wald immer noch genauso viele Tier- und Pflanzenarten wie vor Errichtung der Anlagen. Die Windräder haben keinen messbaren Einfluss auf die Bestände, auch bei sensiblen Tierarten wie Fledermäusen nicht. Die Fachgutachten liegen dem Landesumweltministerium vor.
Markowsky fügte hinzu, dass der Artenreichtum des Waldes von vielen überschätzt wird. Dies liegt daran, dass viele Menschen eine romantisch-verklärte, emotionale Beziehung zum Wald haben. Nüchtern betrachtet weist eine naturbelassene Wiese mit Bachlauf und Büschen jedoch eine größere Artenvielfalt auf als der Wald, insbesondere wenn er wirtschaftlich genutzt wird.

Wie groß ist der Eingriff in den Wald für Windräder?

Es werden keine neuen Waldwege gebaut, das wäre viel zu teuer. Der Transport der Windradkomponenten über das bestehende Wegenetz im Wald wird zusammen mit Forstleuten geplant. Waldwege, die ohnehin für tonnenschwere Langholztransporter und andere schwere Maschinen ausgelegt sind, können auch für den Bau von Windrädern genutzt werden und müssen dazu an manchen Stellen vorübergehend um maximal 1 m verbreitert werden. Die „Autobahnen im Wald“ für Windräder gibt es nicht. Der dauerhafte Platzbedarf von 0,5 ha pro Windrad ist gemessen an der Waldfläche sehr gering. Die Vorstellung, der „ganze Wald“ würde beim Bau von Windrädern geschädigt oder gar gerodet, ist falsch.

Könnten Naturschutzgutachten pro Windkraft geschönt sein?

Auf diese Frage aus dem Publikum hatte Markowsky die klare Antwort: Nein.
Denn die Gutachten müssen auch vor Gericht Bestand haben.
Ein Projektierer und Betreiber zukünftiger Windräder geht mit mindestens 100.000 Euro in Vorleistung, welche die zahlreichen Messungen und Gutachten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens kosten. Würde sich auch nur eines der Gutachten vor Gericht als geschönt erweisen, würde dies die gesamte Investition gefährden. Die entsprechende Gutachterfirma würde sicherlich keine weiteren Aufträge erhalten und wäre somit aus dem Markt. Die Gutachter sind sich dieser hohen Verantwortung bewusst.

Ist Windkraft bei uns wirtschaftlich?

Ja, denn die Gipfel der Mittelgebirge sind keineswegs windschwach, sondern nur die Täler. Winddaten des Deutschen Wetterdienstes zeigen, dass auf Feldberg und Hornisgrinde im Schwarzwald mehr Wind weht als in Bremen. Deshalb sind Windräder auf den Bergen z.B. von Schwarzwald und Odenwald sehr rentabel. Generell ist es wegen der hohen Netzentgelte in Deutschland sinnvoll, den Strom dort zu produzieren, wo er verbraucht wird, anstatt ihn mit großen Leitungen von Norddeutschland zu uns in den Süden zu transportieren. Zudem stellen solche Leitungen ein Sabotageziel dar, so dass die Stromversorgung in Süddeutschland sehr leicht großflächig beeinträchtig werden könnte. Deshalb ist der Ausbau erneuerbarer Energien in Süddeutschland, also auch bei uns vor Ort, dringend angeraten.

Beispiel Produktionsfirma mit eigenen Windrädern: Warum Windräder und kein Gaskraftwerk?

Ein interessantes Beispiel ist die Fischer Group (Edelstahlverarbeitung) in Achern, die 2 eigene Windräder (je 7,2 MW) auf ihrem Firmengelände errichtet. Ziel ist die Sicherung einer unabhängigen und dauerhaft günstigen Energieversorgung für die Stahlverarbeitung und die Förderung eigener Klimaziele (CO2-Neutralität).

Generell sind Windenergie an Land (onshore) und Photovoltaik mit im Mittel 7 Cent / kWh die günstigsten Stromerzeuger in Deutschland überhaupt. Dagegen kostet Strom aus einem Gaskraftwerk im Mittel 24 Cent / kWh. Außerdem wäre die Fischer Group mit einem Gaskraftwerk abhängig von externen Gaslieferanten und deren Preisgestaltung. Dazu kommt eine  sowie der in den kommenden Jahren deutlich steigende CO2-Abgabe.
Für den direkt auf dem Firmengelände genutzten Strom fallen zudem keine Netzentgelte an.

Beispiel Stadtmarketing Freiburg: Windräder als Aushängeschild, nicht als Schande

Das Stadtmarketing Freiburg verwendet ein Bild mit dem Turm des Münsters und im Hintergrund Windrädern im Wald auf dem Roßkopf (737 m). Damit präsentiert sich Freiburg international als fortschrittliche, grüne Stadt mit Forschungsstandorten für erneuerbare Energien. Windräder sind hier ein bewusst gewählter und wichtiger Teil des positiven Images. Sie signalisieren Fortschritt, Zukunftsgewandtheit und Verantwortung für Klima und Umwelt als Bestandteil der gesamten Grundeinstellung in der Region.

Welche Folgen hat der Klimawandel heute schon und in Zukunft?

Im zweiten Teil des Vortrages hob Magnus Wang die heute schon sichtbaren Folgen des Klimawandels für die Natur an zahlreichen Beispielen und Studien hervor:

  • Satellitendaten des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR, Nabu 2022) zeigen, dass in nur 3 Jahren 5% des Waldes in Deutschland durch Dürre verloren gegangen sind. Würde man dagegen 10% der ca. 30.000 Windkraftanlagen in Deutschland in den Wald bauen, mit 0,5 ha Fläche pro Windrad, dann würden nur 0,125% der Waldfläche beansprucht. Der Klimawandel richtet heute schon 40 Mal größere Waldschäden an, und das in nur drei Jahren.
  • Eine andere Studie kommt im Jahr 2022 zu dem Schluss, dass bis 2090 durch den Klimawandel 20% – 50% der Buchenwälder in Europa verschwinden werden.
  • Pro 1 Grad Erwärmung verschwinden Weltweit 100 – 500 Vogelarten. Die Insektenzahl reduziert sich ebenfalls drastisch, was sich direkt auf insektenfressende Vogel- und Fledermausarten auswirkt, aber auch auf die Blütenbestäubung und somit auf unsere Nahrungsgrundlage.
  • Bei den Busch- und Waldbränden in Australien sind 2024 ca. 500 Mio. Tiere verbrannt (Vögel, Säuger, Reptilien), darunter 25.000 Koalabären, was der Hälfte der gesamten Koala-Population entspricht.
  • Bei fortschreitendem Klimawandel werden Ereignisse wie Dürren, Hitzewellen, Brände, Stürme, Starkregen, Überflutungen deutlich zunehmen.

Fazit: Die Bekämpfung des Klimawandels ist die wichtigste Maßnahme zum Artenschutz und zum Erhalt unserer Ökosysteme.

Was ist unser Part? Die Verbrennung fossiler Energieträger (Öl, Kohle, Gas) muss deutlich reduziert und die Energieversorgung auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Durch den Bau von Windrädern um den Weißen Stein können wir in Dossenheim und Schriesheim einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leisten.